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SPIEGEL-Umfrage Bürger wünschen sich mehr Einfluss für Parlamente in Coronakrise

Parlamentarier fühlen sich in der Corona-Politik übergangen - parteiübergreifend fordern sie mehr Mitspracherecht. Das trifft auch bei den Bürgern auf Zustimmung, wie eine SPIEGEL-Umfrage zeigt.
Bundestagssitzung (Archivfoto): Abgeordnete begehren auf

Bundestagssitzung (Archivfoto): Abgeordnete begehren auf

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Britta Pedersen / dpa

FDP-Chef Christian Lindner will es, die SPD-Vorsitzende Saskia Esken ebenso. Die Grünenpolitikerin Katrin Göring-Eckardt plädiert dafür, genau wie Abgeordnete der Linken und der AfD: Selten waren sich Parteien über die politischen Lager hinweg so einig wie in der Forderung, Parlamente müssten mehr Mitspracherecht in der Corona-Politik bekommen.

Bisher haben Bund und Landesregierungen die Corona-Maßnahmen wesentlich per Verordnung gestaltet. "Der Deutsche Bundestag ist in eine Beobachterrolle geraten", sagte Lindner vergangene Woche – dabei seien die Lage und die Entscheidungen zu ernst, als dass die Parlamente übergangen werden dürften.

Eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für den SPIEGEL zeigt nun: Mit dem Wunsch nach mehr Mitsprache und Einfluss der Parlamente in der Coronakrise sind Lindner und Co. nicht allein.

Auch eine Mehrheit der Deutschen wünscht sich, dass die Parlamente wieder mehr in der Corona-Politik entscheiden. 62 Prozent der Befragten stimmten der Aussage eindeutig oder eher zu, dass die Landesparlamente und der Bundestag stärker an Entscheidungen über die Corona-Maßnahmen beteiligt werden sollten.

Die Einigkeit besteht über alle politischen Lager hinweg. Die höchste Zustimmung gibt es bei Anhängerinnen und Anhängern der FDP: Knapp 80 Prozent von ihnen stimmen voll oder eher der Aussage zu, die Parlamente sollten stärker an den Entscheidungen zur Corona-Politik beteiligt werden.

Dieser Anteil ist bei Sympathisanten der Union am geringsten - aber auch hier wünschen sich noch gut 50 Prozent der Befragten mehr Einfluss der Parlamente.

Zwischen Ost und West gibt es kaum Unterschiede. Je knapp zwei Drittel der Befragten sprechen sich für eine stärkere Parlamentsbeteiligung in Corona-Fragen aus. Nur etwa ein Viertel der Befragten in Ost und West lehnt dies ab.

Die Debatte über den Einfluss der Parlamente auf die Pandemie-Politik Politik schwelt seit Längerem. Im Bundestag wurden zuletzt etwa die Pläne von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu verlängerten Sonderbefugnissen bei der Bekämpfung der Pandemie kritisiert. Spahn verteidigte die Regelungen, sie würden auf "gesetzlichen Grundlagen" fußen und "nicht Willkür oder Zufall" entspringen.

Schäuble fordert aktivere Rolle des Bundestages

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble legte am Montag den Fraktionen dennoch Vorschläge für eine stärkere Beteiligung des Parlaments vor. Er mahnte an, "dass der Bundestag seine Rolle als Gesetzgeber und öffentliches Forum deutlich machen muss".

Am Mittwoch sprach auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder in seiner Regierungserklärung von einem verbesserten Austausch. Er biete künftig wöchentlich eine Minister-Fragestunde im bayerischen Landtag an, sagte Söder in München. Dabei sollen ausschließlich Fragen rund um die Pandemie besprochen werden.

mrc/dpa