Deutschland geht wegen der anhaltend hohen Zahl der Corona-Neuinfektionen ab diesem Mittwoch in einen zweiten Lockdown. Das haben Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten bei einer Telefonkonferenz vereinbart. "Es besteht dringender Handlungsbedarf", begründete Merkel die Entscheidung.

Die strikten Maßnahmen wurden nach rund einer Stunde Beratung beschlossen. So soll der Einzelhandel vom 16. Dezember an bis voraussichtlich zum 10. Januar schließen. Auch Friseursalons, Kosmetikstudios, Massagepraxen und Tattoo-Studios werden geschlossen, weil dort körperliche Nähe unabdingbar ist. Ausgenommen werden lediglich Geschäfte für den absolut notwendigen täglichen Bedarf. Dazu zählen Lebensmittelläden, Wochenmärkte, Abhol- und Lieferdienste, Großhandel, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Kfz- und Fahrradwerkstätten, Banken, Poststellen, Reinigungen und Waschsalons, Futtermittelmärkte und Verkaufsstellen für Weihnachtsbäume. Auch medizinisch notwendige Behandlungen, zum Beispiel Physio-, Ergo- und Logotherapien sowie Fußpflege bleiben weiter möglich. Ein Außer-Haus-Verkauf von Lebensmitteln wird weiterhin erlaubt sein, nicht jedoch das Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) kündigte angesichts des bevorstehenden Lockdowns "sehr umfassende Überbrückungshilfen" für betroffene Unternehmen an. Für von der Schließung betroffene Unternehmen werde es bis zu 500.000 Euro im Monat geben, sagte Scholz am Sonntag nach den Bund-Länder-Beratungen in Berlin. Die Höchstgrenze im Rahmen der sogenannten Überbrückungshilfe III hatte bisher bei 200.000 Euro gelegen. Als Beispiele nannte er Hilfen bei Fixkosten, steuerliche Erleichterungen und Abschreibungsmöglichkeiten für Waren, die jetzt nicht verkauft werden.

Ebenfalls vom 16. Dezember an gelten deutliche Kontakteinschränkungen in Kitas und an den Schulen. "Kinder sollen in dieser Zeit wenn immer möglich zu Hause betreut werden", sagte Angela Merkel nach der Konferenz mit den Länderchefinnen und -chefs. Daher werden die Schulen geschlossen oder die Präsenzpflicht ausgesetzt. Wie im Frühjahr soll es aber eine Notbetreuung geben und an Schulen Angebote zum Distanzlernen. Für Abschlussklassen können gesonderte Regelungen gelten. In diesem Zusammenhang appellierte die Kanzlerin an Arbeitgeber, so weit es geht, Urlaub zu genehmigen und Homeoffice zu ermöglichen. Auch von Extra-Urlaub sprach sie: "Für Eltern werden zusätzliche Möglichkeiten geschaffen, für die Betreuung der Kinder im genannten Zeitraum bezahlten Urlaub zu nehmen."

Nur für die Weihnachtstage vom 24. bis 26. Dezember – nicht hingegen über Silvester und Neujahr – gelten Ausnahmen von den sonst geltenden strengen Kontaktbeschränkungen. "Treffen mit fünf Personen zuzüglich Kindern im Alter bis 14 Jahre im engsten Familienkreis" sind an den Weihnachtsfeiertagen zugelassen. Zum engsten Familienkreis zählen sowohl Ehegatten als auch sonstige Lebenspartner sowie direkte Verwandte wie Geschwister, Geschwisterkinder und deren jeweilige Haushaltsangehörige, auch wenn dies mehr als zwei Hausstände bedeutet. Der Verkauf von Feuerwerk zu Silvester wird verboten, vom Zünden von Feuerwerkskörpern wird dringend abgeraten, an durch die Kommunen zu definierenden publikumsträchtigen Plätzen wird es untersagt. Angesichts des anhaltend hohen Infektionsgeschehens appellierte die Bundeskanzlerin auch noch einmal eindrücklich an die Bürgerinnen und Bürger, in den fünf bis sieben Tagen vor Familientreffen eine "Schutzwoche" einzuhalten, also Kontakte auf ein absolutes Minimum zu reduzieren.

Zusammenkünfte in Kirchen, Synagogen und Moscheen sowie Treffen anderer Glaubensgemeinschaften sind nur erlaubt, wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen den Teilnehmenden sichergestellt werden kann. Es gilt eine Maskenpflicht auch am Platz und wo besonders viele Menschen erwartet werden, muss eine Anmeldungserfordernis eingeführt werden.

In Alten- und Pflegeheimen werden Corona-Tests massiv ausgeweitet und verpflichtend.

Abschließend mahnte die Bundeskanzlerin noch einmal eindringlich, Reisen auf das absolut notwendige Maß zu reduzieren. Vorrang habe jetzt die Entlastung der Krankenhäuser. Für Mediziner sei dieses Weihnachten am härtesten. Am 5. Januar wollen Merkel und die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten über Schritte beraten, die ab dem 11. Januar gelten sollen. Wichtig für Lockerungen wird ein Rückgang des Inzidenzwertes auf weniger als 50 sein.

Korrekturhinweis: In einer vorherigen Version dieses Textes hatte es geheißen, der Verkauf und das Zünden von Feuerwerk zu Silvester bleibe verboten. Tatsächlich wird der Verkauf von Feuerwerk zu Silvester verboten, vom Zünden von Feuerwerkskörpern wird dringend abgeraten, an durch die Kommunen zu definierenden publikumsträchtigen Plätzen wird es untersagt. Wir haben den Fehler korrigiert.